Die eigene Arbeitskraft ist das wichtigste Kapital, das wir besitzen – vor allem in jungen Jahren. Doch was passiert, wenn du plötzlich durch Krankheit oder Unfall deinen Beruf nicht mehr ausüben kannst? Genau hier greift die Berufsunfähigkeitsversicherung (BU). In diesem Artikel erfährst du, warum sie so wichtig ist, wer sie wirklich braucht, wie du die passende Police findest und worauf du beim Abschluss unbedingt achten solltest.
Was ist eine Berufsunfähigkeitsversicherung?
Die Berufsunfähigkeitsversicherung gehört zur Gruppe der Invaliditätsversicherungen und zählt zu den wichtigsten Policen im privaten Versicherungsschutz. Sie springt ein, wenn du infolge einer Krankheit, eines Unfalls oder psychischer Belastung deinen zuletzt ausgeübten Beruf voraussichtlich dauerhaft nicht mehr ausüben kannst. Die genaue Definition der Berufsunfähigkeit sowie die Voraussetzungen für eine Leistungserbringung sind in den Versicherungsbedingungen geregelt. Wichtig: Es geht nicht darum, ob du generell noch arbeiten kannst – sondern ob du in deinem spezifischen Beruf zu mehr als 50 % eingeschränkt bist.
Besonders häufige Ursachen für eine Berufsunfähigkeit sind psychische Erkrankungen wie Depressionen oder Burnout, Erkrankungen des Bewegungsapparates sowie Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Unfälle stehen hingegen seltener ganz oben auf der Liste – ein weit verbreiteter Irrtum.
Die Berufsunfähigkeitsversicherung zahlt dir eine monatliche Rente, wenn du deinen aktuellen Beruf dauerhaft – meist zu mindestens 50 % – aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben kannst. Dabei spielt es keine Rolle, ob du einen körperlichen oder geistigen Beruf hast – entscheidend ist die Prognose eines Arztes und die Prüfung durch den Versicherer.
Warum ist die BU so wichtig?
Die finanziellen Folgen einer Berufsunfähigkeit sind gravierend. Ohne regelmäßiges Einkommen können selbst laufende Kosten wie Miete, Kredite, Versicherungen oder Familienausgaben schnell zur Belastung werden. Die gesetzliche Erwerbsminderungsrente springt oft nur ein, wenn du überhaupt keiner Tätigkeit mehr nachgehen kannst – unabhängig von deinem erlernten Beruf. Zudem liegt sie im Schnitt bei nur rund 800 € monatlich. Damit ist der Lebensstandard für die meisten Menschen kaum zu halten.
Eine BU bietet dir dagegen die Möglichkeit, selbstbestimmt vorzusorgen und deinen gewohnten Lebensrahmen abzusichern. Sie greift bereits dann, wenn du deinen letzten Beruf nur noch zur Hälfte ausüben kannst – und nicht erst im völligen Ausnahmefall. Besonders für junge Leute lohnt sich der Abschluss: günstige Beiträge, lange Vertragslaufzeit und hohe Leistungswahrscheinlichkeit im Ernstfall.
- Keine gesetzliche Absicherung: Seit der Reform 2001 gibt es nur noch eine Erwerbsminderungsrente – und die fällt oft sehr gering aus.
- Einkommensverlust absichern: Ohne BU riskierst du bei längerer Krankheit massive finanzielle Einbußen.
- Frühzeitiger Schutz: Je jünger und gesünder du beim Abschluss bist, desto günstiger sind die Beiträge.
Wer braucht eine BU besonders dringend?
- Berufseinsteiger & Azubis: Geringe Kosten, langfristiger Schutz
- Freiberufler & Selbstständige: Keine gesetzliche Erwerbsminderungsrente
- Berufe mit hohen Anforderungen: Handwerker, Pflegekräfte, Lehrer, Piloten etc.
- Alle mit finanziellen Verpflichtungen: Hypothek, Familie, laufende Kosten
Leistungsbeispiel aus der Praxis
Ein 35-jähriger Maschinenbauer erleidet einen Bandscheibenvorfall und kann seine Tätigkeit dauerhaft nicht mehr ausüben. Seine BU zahlt 1.200 € monatlich bis zum Renteneintritt. Ohne die Police müsste er mit rund 700 € Erwerbsminderungsrente auskommen – und hätte kaum Spielraum, seinen Lebensstandard zu halten.
Was kostet eine BU-Versicherung?
Die Beiträge richten sich nach:
- Eintrittsalter
- Gesundheitszustand
- Beruf (Risikogruppe)
- Höhe der BU-Rente (empfohlen: mind. 70 % deines Nettoeinkommens)
- Laufzeit (i. d. R. bis 65 oder 67 Jahre)
Alter bei Abschluss | Monatlicher Beitrag (bei 1.500 € Rente) |
---|---|
25 Jahre | ca. 40–60 € |
35 Jahre | ca. 60–100 € |
45 Jahre | ca. 100–160 € |
Tipp: Je früher du abschließt, desto günstiger – und ohne Ausschlüsse.
Worauf musst du beim Abschluss achten?
- Verzicht auf abstrakte Verweisung: Der Versicherer darf dich nicht auf andere Berufe verweisen.
- Nachversicherungsgarantie: Möglichkeit, die Rente später ohne Gesundheitsprüfung zu erhöhen (z. B. bei Heirat, Geburt, Gehaltserhöhung)
- Transparente Gesundheitsfragen: Ehrlich beantworten – falsche Angaben führen zur Leistungsablehnung
- Berufsspezifische Tarife prüfen: z. B. für Mediziner, IT-Fachkräfte, Akademiker
- Unabhängigen Vergleich nutzen: Bedingungen und Leistungen unterscheiden sich stark
Alternativen zur Berufsunfähigkeitsversicherung
Manche Menschen haben Schwierigkeiten, eine BU zu bekommen – etwa wegen Vorerkrankungen, riskanter Hobbys oder eines als „gefährlich“ eingestuften Berufs. In diesen Fällen solltest du trotzdem über Alternativen nachdenken, auch wenn sie nur begrenzten Schutz bieten:
- Erwerbsunfähigkeitsversicherung: Diese zahlt nur, wenn du überhaupt keiner Tätigkeit mehr nachgehen kannst – auch nicht im Büro oder als Pförtner. Der Schutz ist geringer, aber günstiger als eine BU.
- Dread-Disease-Versicherung: Diese Police zahlt bei der Diagnose bestimmter schwerer Krankheiten (z. B. Krebs, Schlaganfall, Herzinfarkt) eine einmalige Summe aus. Vorteil: Keine Prüfung der Arbeitsfähigkeit – aber kein monatliches Einkommen.
- Grundfähigkeitsversicherung: Hier steht der Verlust bestimmter körperlicher oder geistiger Grundfähigkeiten im Mittelpunkt – z. B. Sehen, Hören, Sprechen, Greifen. Auch psychische Erkrankungen werden inzwischen teilweise mitversichert.
Diese Produkte können – je nach Situation – eine Ergänzung zur oder Ersatz für die BU darstellen. Eine individuelle Beratung durch einen Experten ist hier besonders sinnvoll.
Nicht jeder bekommt eine BU – etwa wegen Vorerkrankungen oder hoher Beiträge. Dann könnten folgende Alternativen interessant sein:
- Erwerbsunfähigkeitsversicherung: Zahlt nur, wenn du gar keinen Beruf mehr ausüben kannst
- Dread-Disease-Versicherung: Einmalzahlung bei Diagnose schwerer Krankheiten wie Krebs, MS oder Schlaganfall
- Grundfähigkeitsversicherung: Leistet bei Verlust grundlegender Fähigkeiten wie Sehen, Hören, Gehen
Diese Produkte sind meist günstiger, aber auch weniger umfassend – und sollten nur die zweite Wahl sein.
Steuerliche Behandlung der BU
- Die Beiträge können als Vorsorgeaufwand in der Steuererklärung geltend gemacht werden
- BU-Renten müssen in der Regel mit dem persönlichen Steuersatz versteuert werden
- Kombiprodukte mit Lebensversicherung sind steuerlich weniger vorteilhaft und oft teurer
Tipps zur Anbieterauswahl
Die Auswahl der richtigen BU-Versicherung ist entscheidend – nicht nur wegen der Beiträge, sondern vor allem wegen der Vertragsbedingungen und der Leistungsquote des Versicherers. Hier einige Punkte, auf die du achten solltest:
- Verzicht auf abstrakte Verweisung: Der Versicherer darf dich nicht auf einen anderen Beruf verweisen, den du theoretisch noch ausüben könntest. Das bietet mehr Sicherheit im Leistungsfall.
- Rückwirkende Leistung: Gute Tarife zahlen rückwirkend ab Beginn der Berufsunfähigkeit – auch wenn sich der Antrag hinzieht.
- Nachversicherungsgarantie ohne Anlass: Du kannst deine BU-Rente später erhöhen, ohne ein besonderes Ereignis (z. B. Heirat, Kind) nachweisen zu müssen.
- Prognosezeitraum maximal 6 Monate: Eine BU sollte bereits leisten, wenn eine ärztliche Prognose ergibt, dass du voraussichtlich sechs Monate berufsunfähig bist. Manche Tarife setzen längere Zeiträume an – das kann problematisch sein.
- Service und Erreichbarkeit: Gute Anbieter punkten nicht nur mit günstigen Tarifen, sondern auch mit Beratung, Online-Services und unkomplizierter Schadensbearbeitung.
- Achte auf langjährige Erfahrung und Finanzstärke des Versicherers
- Nutze Testergebnisse von Stiftung Warentest oder Franke & Bornberg
- Prüfe, ob der Versicherer auf medizinische Risikozuschläge oder Ausschlüsse verzichtet
- Lass dir mehrere Angebote erstellen – idealerweise über einen unabhängigen Versicherungsmakler
Fazit
Eine Berufsunfähigkeitsversicherung ist für die meisten Erwerbstätigen unverzichtbar. Sie schützt dein Einkommen – und damit deine finanzielle Unabhängigkeit. Je früher du dich absicherst, desto besser sind deine Chancen auf günstige Konditionen und volle Leistung. Wer sich umfassend informiert, die richtige Rente wählt und die Bedingungen genau prüft, sorgt im Ernstfall verantwortungsvoll vor. Verzichte nicht auf diesen Schutz – deine Existenz hängt daran.
Bild von Steve Buissinne auf Pixabay